Grundsätzlich kann es jedem passieren: Eine schwere Krankheit, ein schlimmer Unfall oder ein Gewaltverbrechen führen dazu, dass jemand keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann. Künftig muss sich eine andere Person um seine Angelegenheiten kümmern.
Eine Vorsorgevollmacht ist prinzipiell in allen Altersstufen eine gute Idee. Senioren sind allerdings aufgrund ihres Alters Risiken wie Gebrechlichkeit und Demenz stärker ausgesetzt. Menschen im Seniorenalter sollten unbedingt eine Vorsorgevollmacht abschließen.
Die Vorsorgevollmacht ist übrigens nicht zu verwechseln mit der Betreuungsverfügung und der Patientenverfügung!
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Mit der Vorsorgevollmacht erhält eine andere Person das Recht, persönliche Angelegenheiten eines Menschen zu regeln, der dies nicht mehr selbst kann, weil er vorübergehend oder dauerhaft hilfsbedürftig oder geschäftsunfähig ist.
Eine Vorsorgevollmacht muss schriftlich erteilt werden. Der Bevollmächtigte ist darin mit Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Adresse aufzuführen.
In einer Vorsorgevollmacht lassen sich Vereinbarungen über zahlreiche Angelegenheiten treffen wie:
- Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit
- Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten
- Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern
- Vertretung vor Gerichten
- Vermögenssorge einschließlich Rechtsgeschäften
- Post und Fernmeldeverkehr
Dabei ist es möglich, wenn auch nicht empfehlenswert, jemandem nur über einen Teil der aufgeführten Positionen eine Vollmacht zu erteilen. Außerdem dürfen weitere persönlich wichtige Punkte hinzugefügt werden.
Sehr gut aufbereitet ist das Vorsorgevollmacht-Formular vom „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“. Es steht auf der Webseite bmjv.de zum Herunterladen bereit. Das Formular führt alle wesentlichen Aspekte auf. Der große Vorteil hierbei ist zudem die rechtssichere Formulierung. Immer wieder kommt es nämlich später bei selbst verfassten Texten von Vorsorgevollmachten zu Problemen, weil etwas nicht eindeutig verständlich ausgedrückt wurde. Im Zweifelsfall haben dann allgemein gültige Gesetze Vorrang vor der persönlichen Vorsorgevollmacht.
Wer kommt als Vorsorgebevollmächtigter infrage?
Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht kann weitreichende Konsequenzen haben. Daher kommt für diese verantwortungsvolle Aufgabe nur eine Person infrage, die das absolute Vertrauen des Vollmachtgebers genießt und ihn gut kennt. Allein dies genügt aber noch nicht. Der ideale Vorsorgebevollmächtigte erfüllt weitere Voraussetzungen:
- Er entscheidet im Sinne des Vollmachtgebers und lässt eigene Interessen außen vor.
- Er kann sich durchsetzen, ist aber auch kooperativ.
- Er durchschaut auch komplexe Sachverhalte und holt bei Bedarf zusätzliche Informationen ein.
- Er ist gut erreichbar und wohnt am besten in der Nähe.
- Er hält Kontakt zu seinem Vollmachtgeber, den Ärzten und Banken sowie gegebenenfalls dem Senioren- beziehungsweise Pflegeheim.
Klug handelt außerdem, wer eine zweite Vertretungsperson vorsieht, die sich um die Aufgaben kümmert, wenn der ursprüngliche Vorsorgebevollmächtigte verhindert ist.
Der Vorsorgebevollmächtigte braucht nicht zwingend ein Familienmitglied zu sein. Entscheidend ist, dass es sich um einen wirklich vertrauenswürdigen Menschen handelt, der über möglichst viele der genannten wünschenswerten Eigenschaften verfügt. Jemand im mittleren Alter, der bereits Lebenserfahrung mitbringt und voraussichtlich selbst noch nicht so bald einen Vorsorgebevollmächtigten benötigt, wäre in Verbindung mit den übrigen Auswahlkriterien die optimale Wahl.
Ebenfalls wichtig: Die vorgesehene Person zur Erteilung der Vorsorgevollmacht muss einverstanden sein und sollte keinesfalls stillschweigend in das Vorsorgevollmacht-Formular eingetragen werden.
Vorsorgevollmacht rechtssicher gestalten und aktuell halten
Es ist ratsam, die Vorsorgevollmacht von der kommunalen Betreuungsbehörde beglaubigen oder von einem Notar beglaubigen oder beurkunden zu lassen. Dies verleiht ihr mehr Gewicht. Außerdem ist eine notarielle Beglaubigung beziehungsweise Beurkundung ohnehin vorgeschrieben bei einer Darlehensaufnahme sowie beim Kauf oder Verkauf von Grundstücken.
Circa alle drei bis fünf Jahre sollte eine Vorsorgevollmacht mit Datum und Unterschrift aktualisiert werden. Schließlich können sich Umstände oder Meinungen ändern. Die Aktualisierungen bestätigen die bisherigen Bestimmungen oder ergänzen oder ändern frühere Aussagen.
Senioren sollten sich bei der Erstellung ihrer Vorsorgevollmacht ärztlich oder notariell bescheinigen lassen, dass sie zu diesem Zeitpunkt voll geschäftsfähig sind. Wenn sie später ihre Vollmacht erneut bestätigen, ergänzen oder ändern, sollten sie wiederum für eine aktuelle Bescheinigung ihrer Geschäftsfähigkeit sorgen. Damit beugen sie einem möglichen Anzweifeln ihrer Vorsorgevollmacht rechtzeitig vor.
Seine Vorsorgevollmacht kann der Ersteller jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen. In diesem Fall muss ihm die bevollmächtigte Person das Originaldokument wieder aushändigen. Treten dabei Probleme auf, sollten Heime, Ärzte, Geldinstitute und Gerichte über den Widerruf und gegebenenfalls neuen Bevollmächtigten informiert werden.
Warum eine Vorsorgevollmacht für Senioren so wichtig ist
Gerade wer einen Ehepartner und Kinder hat, glaubt oft, auf eine Vorsorgevollmacht verzichten zu können. Müssen sich die engsten Familienangehörigen nicht sowieso kümmern? Das ist ein Irrtum. Als gesetzliche Vertreter von Verwandten gelten allein Eltern gegenüber ihren Kindern. Umgekehrt benötigen Kinder gegenüber ihren Eltern sowie beispielsweise Ehepartner füreinander stets eine Vorsorgevollmacht. Ohne diese kann das Vormundschaftsgericht selbst einen Betreuer einsetzen. Details dazu regelt das Bürgerliche Gesetzbuch im § 1896.
Mit einer Vorsorgevollmacht kann jeder nach seinem freien Willen denjenigen bestimmen, der sich im Bedarfsfall um seine Angelegenheiten kümmert und die Gefahr von Missbrauch einer Vorsorgevollmacht durch Fremde bestmöglich abwehren.
Text: L. W. / Letzte Aktualisierung: 22.04.2023
Wichtig! Unser Artikel kann nicht den Rat eines Rechtsanwaltes oder Notars ersetzen! Lassen Sie sich von einem Anwalt beraten!