Eine Erkrankung oder ein schwerer Unfall können dazu führen, dass jemand keine weiteren Entscheidungen mehr über sein eigenes Leben treffen kann. Grundsätzlich kann so eine Situation in jedem Lebensalter eintreffen. Spätestens im Seniorenalter sollte jeder Mensch eine persönliche Patientenverfügung besitzen.
Die Patientenverfügung hat übrigens nichts mit der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung zu tun.
Was ist eine Patientenverfügung?
In einer Patientenverfügung erklärt eine Person ihren persönlichen Willen für den Fall, dass sie eines Tages aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalles keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann. Dieser schriftlich in der Patientenverfügung ausgedrückte Willen bezieht sich darauf, welche ärztlichen Eingriffe und Maßnahmen ausgeführt werden sollen und auf welche ärztlichen Maßnahmen unter welchen Bedingungen verzichtet werden soll.
Laut Patientenrechtegesetz gilt § 630d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach dürfen Ärzte jemanden nur dann behandeln, wenn er vorher in diese Behandlung eingewilligt hat. Ist er dazu nicht mehr in der Lage, entscheidet jemand anders für ihn: ein Betreuer oder Bevollmächtigter. Eine unaufschiebbare Maßnahme, bei der die Zeit nicht mehr zum Einholen der Einwilligung ausreicht, darf dennoch durchgeführt werden, wenn das Einverständnis des Patienten zu vermuten ist.
Vorüberlegungen zur Patientenverfügung
Die Vorüberlegungen über den Inhalt der eigenen Patientenverfügung bringen Menschen mit existenziellen Fragen zu Krankheit, Leiden, Hilflosigkeit und Tod in intensive Berührung. Sie müssen sich mit ihren Ängsten auseinandersetzen. Vor allem dies ist der Grund, weshalb viele Menschen das Erstellen einer Patientenverfügung auf die lange Bank schieben, bis es zu spät ist. Im eigenen Interesse sollte sich jedoch jeder dieser Aufgabe stellen.
Weit verbreitet ist der Irrtum, dass Familienangehörige ohne jegliche Vollmacht über die ärztliche Behandlung eines Familienmitgliedes entscheiden dürfen, das sich nicht mehr selbst dazu äußern kann. Einzig Eltern gelten ihren Kindern gegenüber als gesetzliche Vertreter. Kinder gegenüber ihren Eltern und auch Ehepartner müssen als gewünschte Entscheidungsbefugte in einer Patientenverfügung aufgeführt sein. Ansonsten bestimmt das Gericht einen Betreuer.
Darum geht es in einer Patientenverfügung
Zum einen dient eine Patientenverfügung zur rechtlichen Absicherung behandelnder Ärzte. Ein Patient beziehungsweise eine Betreuungsperson müssen Verantwortung für die Folgen einer ärztlichen Behandlung übernehmen. Nicht immer lassen sich Behandlungsergebnisse vorhersagen und Folgeschäden einer Behandlung lassen sich nicht immer ausschließen.
Zum anderen entscheidet ein Patient oder gegebenenfalls seine Betreuungsperson darüber, welche Einschränkungen er für sein künftiges Leben bereit ist einzugehen einschließlich einer Abhängigkeit von anderen Personen oder ob er mit dem Verzicht auf eine Behandlung auch den Verzicht auf sein Weiterleben in Kauf nimmt.
Was sollte in einer Patientenverfügung stehen?
Es sind vor allem Fragen über persönliche Wertvorstellungen, auf die eine Patientenverfügung Antworten geben sollte:
- Was ist mir wichtiger: Lebensqualität oder Lebensdauer? Möchte ich unbedingt so lange wie möglich weiter leben, selbst wenn dies nur noch angeschlossen an medizinische Geräte möglich ist, bewegungsunfähig oder gar im Koma? Oder möchte ich in solchen Fällen – welchen genau? – nicht länger am Leben gehalten werden und ziehe ein Sterben vor.
- Was heißt für mich lebenswertes Leben? Eine Formulierung wie „… mein Leben nur erhalten, wenn es weiterhin lebenswert ist …“ Ist für behandelnde Ärzte zu ungenau. Jeder versteht etwas anderes unter lebenswertem Leben und sollte dies in seiner Patientenverfügung näher erläutern: Erscheint mir zum Beispiel mein Leben noch lebenswert, wenn ich künftig vom Hals abwärts gelähmt bin? Kann ich mich damit arrangieren, eines Tages völlig von der Hilfe anderer Menschen abhängig zu sein?
- Welches wäre für mich die schlimmste Vorstellung? Wann möchte ich auf gar keinen Fall mehr weiterleben?
Je ausführlicher diese Fragen in der Patientenverfügung erörtert sind, desto besser für beide Seiten: Ärzte und Ersteller der Patientenverfügung. Bei oberflächlichen Formulierungen, die Interpretationsspielraum lassen, können Ärzte im Zweifelsfall einen Weg wählen, der dem Patientenwillen entgegensteht.
Hilfreiche vorgefertigte Textbausteine enthält die Patientenverfügung vom „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“. Die Textbausteine befinden sich unter Punkt 2. Ihre Reihenfolge führt wie ein roter Faden zum Erstellen der Patientenverfügung.
Patientenverfügung rechtlich absichern und regelmäßig aktualisieren
Eine Patientenverfügung wird am besten durch einen Notar beglaubigt und im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert. Sollte nämlich die Einleitung eines Betreuungsverfahrens im Raum stehen, fragen Vormundschaftsgerichte zunächst dort an.
Außerdem sollte eine Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. Ansichten und Situationen können sich im Laufe der Jahre geändert haben. Bei einer sehr alten, unveränderten Patientenverfügung können Zweifel am aktuellen Willen des Erstellers aufkommen. Neben der Aktualisierung wird gerade Personen im fortgeschrittenen Alter empfohlen, sich den „Vollbesitz geistiger Kräfte“ ärztlich bestätigen zu lassen.
Eine erstellte Patientenverfügung lässt sich ohne weiteres widerrufen, ändern oder ergänzen – am besten unter Hinzuziehen des Notars.
Text: L. W. / Letzte Aktualisierung: 21.04.2023